was ich vermisse

was ich vermisse

die freundlichkeit und wärme der menschen
die reisfelder neben meinem büro
den mangobaum und die bank vor meinem haus
auf der eine java-katze
klein und feingliedrig
ihre jungen zur welt brachte
die intensität der geräusche gerüche gefühle
das essen das schmackhaft zu nennen
eine nichtssagende untertreibung wäre
die sonnenaufgänge
gleichermassen atemberaubend
auf einem hügel in der nähe von borobudur
auf dem dieng-plateau
im dschungel von kalimantan
oder beim vulkan bromo
die epischen sonnenuntergänge
am pantai parangtritis am indischen ozean
oder in lovina am pazifik
wo wir am nächsten morgen die springenden thunfische
irrtümlich für delphine hielten
die dann aber auch in grosser zahl erschienen
und ihr schauspiel aufführten
die gamelanmusik
meditativ-entspannend am hof des sultans von yogyakarta
expressiv-dynamisch in bali
das ramayana-ballett vor dem tempel von prambanan
der kecak-tanz in tanah lot
(sei gegrüsst walter spies)
den anblick des merapi von meinem fenster aus
ein beständiges memento mori
die besuche in den werkstätten der handwerker
und in der fabrik aus der der braune zucker kommt
rohrzucker, unraffiniert
(die maschinen made in GDR
also vor suhartos putsch importiert)
die bescheidenen friedhöfe und mahnmale
für die massakrierten chinesen
die aufwendigen schnitzereien
auf den friedhöfen der dayak
die strassenmusikanten am abend
die transsexuellen tänzer an den roten ampeln am morgen
die ateliers der befreundeten künstler
und die galerien in jogja bandung magelang jakarta
der wunderbare botanische garten in bogor
aus dem sich der geheimrat
(korrespondierendes mitglied der botanischen gesellschaft dortselbst)
pflanzensamen und setzlinge nach weimar schicken liess
tempoe duluh in malang
wo der internierte dichter max dauthendey
an einer unheilbaren krankheit starb: heimweh
salatiga wo rimbaud endgültig von der dichtung abschied nahm
kampoeng arap in semarang
wo schiller vielleicht sein späteres leben verbracht hätte
wäre er nicht rechtzeitig desertiert
vieles was ich nicht beschreiben kann
und was mich daran erinnert
dass das leben eine ewige abfolge von wiederkehrten ist
heute lebendig morgen tot übermorgen wiedergeboren
in unerwarteter gestalt
die sinnlichkeit die über allem liegt
dich

 

Sofia, 13.11.2016

© Thomas Hübner and mytwostotinki.com, 2014-6. Unauthorized use and/or duplication of this material without expressed and written permission from this blog’s author and/or owner is strictly prohibited. Excerpts and links may be used, provided that full and clear credit is given to Thomas Hübner and mytwostotinki.com with appropriate and specific direction to the original content.

1 thought on “was ich vermisse

Leave a Reply

Your email address will not be published.